Forschung

Aktuelle Forschungsprojekte

Die inhaltliche Forschung des Arbeitsbereichs konzentriert sich auf drei unterschiedliche Themenschwerpunkte, deren gemeinsame Perspektive in der quantitativen Lebensverlaufsforschung begründet ist: (Hochschul-)Bildung, Arbeitsmarkterträge sowie soziale Ungleichheit, z.B. nach sozialer Herkunft, Geschlecht oder Ethnizität. Damit tragen wir zu den zentralen Forschungsthemen #Ungleichheit, Klassen- und Eigentumsverhältnisse und #Geschlechterverhältnisse, Care und Soziale Reproduktion des Instituts für Soziologie bei.

Unser zentrales Anliegen ist zu verstehen, welche Bedeutung nationale Institutionen sowie individuelle Entscheidungsprozesse für die Strukturierung von ungleichen Bildungs- und Erwerbsverläufen haben. Beispielsweise untersuchen wir, warum junge Frauen nach wie vor andere Studienfächer und Berufe wählen als junge Männer und wie dies zur Reproduktion von Geschlechterungleichheiten im Arbeitsmarkt beiträgt; warum Jungen und Jugendliche mit Migrationshintergrund heute im Bildungssystem benachteiligt sind; warum die soziale Herkunft von Studierenden auch die Fächerwahl beeinflusst und welche Konsequenzen dies für den Studienverlauf hat; oder inwiefern Studiengebühren tatsächlich herkunftsbedingte Ungleichheiten im Hochschulsystem reproduzieren.

Unsere Forschungsprojekte beinhalten grundsätzlich theoriebasierte empirische Analysen sozialer Phänomene. Die primär mit quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung durchgeführten Untersuchungen basieren meist auf Sekundärdaten repräsentativer Bevölkerungsumfragen sowie auf eigenen, mittels unterschiedlicher Verfahren (schriftlich, telefonisch und digital) erhobenen Daten. Zunehmend nutzen wir auch qualitative Forschungsmethoden sowie methodenintegrative Designs, um ein umfassenderes Bild der sozialen Wirklichkeit zu erhalten. Mit Blick auf statistische Methodenforschung steht die statistische Modellierung, z.B. von Mehrebenenmodellen, Interaktionseffekten und fehlenden Daten im Vordergrund.

Forschungsprojekte zu Geschlechterverhältnisse, Care und Soziale Reproduktion

  • Prof. Dr. Kathrin Leuze: Berufliche Geschlechtersegregation und ihre Bedeutung für die (Re-)Produktion von Geschlechterungleichheiten im deutschen Arbeitsmarkt (gefördert durch die DFG)

    In Deutschland ist das Berufsprinzip zentral für die Verbindung zwischen (Aus-)Bildungssystem und Arbeitsmarkt und daher besonders relevant für die Genese von Ungleichheiten über den Lebensverlauf. Das Projekt untersucht daher die Bedeutung des Berufsprinzips für die (Re-)Produktion von Geschlechterungleichheiten im deutschen Arbeitsmarkt. In der ersten Projektphase haben wir zunächst die Entwicklung beruflicher Geschlechtersegregation zwischen 1976 und 2010 für Deutschland dargestellt und analysiert, wie der Frauenanteil in Berufen kausal mit anderen Berufsmerkmalen, z.B. dem beruflichen Lohnniveau oder dem Teilzeitanteil zusammenhängt. Die Ergebnisse dieser Analysen werden dazu genutzt, den Einfluss dieser beruflichen Merkmale auf nicht-monetäre Aspekte der Arbeitsmarktungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu untersuchen. In der zweiten Projektphase untersuchten wir, welche Bedeutung die geschlechtliche Differenzierung der Berufsstruktur in Deutschland für die Entwicklung des Gender Wage Gap seit Mitte der 1970er Jahre hat. Theoretisch analysierten wir dafür drei unterschiedliche Mechanismen: 1) die Entwertung von frauentypischen Tätigkeitsinhalten sowie 2) die sinkende Nachfrage von spezifischem Humankapital in „Frauenberufen“ aufgrund des technologischen Wandels. Basis der Lohnanalysen ist ein innovativer Datensatz zu individuellen Löhnen im Lebensverlauf: die NEPS Startkohorte 6, die mit Registerdaten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verlinkt ist und dadurch zusätzlich sehr valide Lohn- und Firmeninformationen für die Befragten enthält.

    Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
    Projektlaufzeit: April 2012 – November 2018 (2. Förderphase)
    Kooperationspartnerinnen: Prof. Dr. Corinna Kleinert, Leibniz Institut für Bildungsverläufe,
    Dr. Ann-Christin Bächmann, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung,
    Dörthe Gatermann, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.,
    Dr. Anna Erika Hägglund, INVEST University of Turku, Finnland

    Publikationen:

    Althaber, A., Leuze, K. (2020): Der Einfluss der beruflichen Geschlechtersegregation und beruflicher Arbeitszeitarrangements auf Teilzeitarbeit. Gleiche Übergangsbedingungen für Frauen und Männer? Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 72, 317-349. https://doi.org/10.1007/s11577-020-00666-3Externer Link

    Bächmann, A.-C. (2023): Are female-dominated occupations a secure option? Occupational gender segregation, accompanied occupational characteristics, and the risk of becoming unemployed. In: European Sociological Review, Jg. 39, H. 6, S. 876-889. DOI:10.1093/esr/jcac068

    Bächmann, A.-C., Gatermann, D., Kleinert, C., Leuze, K. (2022): Why do some occupations offer more part-time work than others do? Reciprocal dynamics of occupational sex segregation and occupational part-time work in West Germany 1976-2010. Social Science Research 104. https://doi.org/10.1016/j.ssresearch.2021.102685Externer Link

    Bächmann, A.-C., Gatermann, D. (2017): The duration of family-related employment interruptions – the role of occupational characteristics. Journal for Labour Market Research 50, 143–160. https://labourmarketresearch.springeropen.com/articles/10.1007/s12651-017-0226-4Externer Link

    Bächmann, A.-C., Kleinert, C., Leuze, K.: Understanding the gender pay gap between and within occupations – What is the role of individual job tasks? (Preprint verfügbar unter https://osf.io/preprints/socarxiv/5f4x9/Externer Link)

    Bächmann, A.-C., Kleinert, C., Schels, B. (2024): Anhaltende berufliche Geschlechtersegregation: In Ost wie West arbeiten Frauen und Männer häufig in unterschiedlichen Berufen. IAB-Kurzbericht 03/2024, Nürnberg, 8 S. https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-03.pdfExterner Link

    Hägglund, A.-E., Bächmann, A.-C. (2017): Fast lane or down the drain? Does the occupation held prior to unemployment shape the transition back to work? Research in Social Stratification and Mobility 49, 32-46. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0276562416300993Externer Link

    Hausmann, A.-C., Kleinert, C., Leuze, K. (2015): Entwertung von Frauenberufen oder Entwertung von Frauen im Beruf? Eine Längsschnittanalyse zum Zusammenhang von beruflicher Geschlechtersegregation und Lohnentwicklung in Westdeutschland. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 67, 217–242. https://doi.org/10.1007/s11577-015-0304-yExterner Link

    Hausmann, A.-C., Zucco, A., Kleinert, C. (2015): Berufspanel für Westdeutschland 1976-2010 (OccPan). Dokumentation zur Erstellung und Anonymisierung. FDZ-Methodenreport, 09/2015, Nürnberg. https://doku.iab.de/fdz/reporte/2015/MR_09-15.pdfExterner Link

    Hausmann, A.-C., Kleinert, C. (2014): Berufliche Segregation auf dem Arbeitsmarkt: Männer- und Frauendomänen kaum verändert. IAB-Kurzbericht 09/2014, Nürnberg. https://doku.iab.de/kurzber/2014/kb0914.pdfExterner Link

    Kleinert, C., Leuze, K., Bächmann, A.-C., Gatermann, D., Hägglund, A.E., Rompczyk, K. (2023): Occupational Sex Segregation and its Consequences for the (Re-)Production of Gender Inequalities in the German Labour Market. In: Weinert, S., Blossfeld, G., & Blossfeld, H.-P. (Hrsg.): Education, Competence Development and Career Trajectories: Analysing Data of the National Educational Panel Study (NEPS). Cham: Springer, 295-317. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-031-27007-9_13Externer Link

    Leuze, K., Kleinert, C. (2021): Beruf und Geschlecht – Reproduziert die Berufsstruktur Geschlechterungleichheiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt? BWP – Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 04/2021, Schwerpunktheft „Gender und Beruf“, 11-15. https://www.bwp-zeitschrift.de/de/bwp.php/de/bwp/show/17507Externer Link

  • Prof. Dr. Kathrin Leuze: Horizontale Studienfachsegregation und Bildungs- und Arbeitsmarktungleichheiten zwischen akademisch gebildeten Frauen und Männern

    Das Forschungsprojekt fokussiert auf Geschlechterungleichheiten unter akademisch gebildeten Frauen und Männern im Studium und auf dem Arbeitsmarkt und fragt, welche Bedeutung der geschlechtstypischen Studienfachwahl diesbezüglich zukommt. Einerseits können sind Frauen heutzutage höher qualifiziert sind als Männer, erhalten bessere Noten und schließen häufiger ein Hochschulstudium ab. Andererseits sind sie im Arbeitsmarkt nach wie vor benachteiligt und haben im Anschluss an ihr Studium ein größeres Risiko, gar nicht oder Teilzeit beschäftigt zu sein bzw. sie arbeiten in anderen Berufen und statusniedrigeren Positionen. Da Frauen nach wie vor andere Fächer studieren als Männer, untersucht das Projekt, welche Bedeutung die horizontale Segregation von Studienfächern einerseits für Geschlechterungleichheiten im Studienerfolg, vor allem mit Blick auf Studienfachwechsel, und andererseits für die Entwicklung von ungleichen Arbeitsmarktchancen im Lebensverlauf von akademisch gebildeten Frauen und Männern hat.

    Kooperationspartnerin: Prof Dr. Susanne Strauß, Universität Konstanz

    Publikationen:

    Leuze, K., Strauß, S. (2016): Why do occupations dominated by women pay less? How ‘female-typical’ work tasks and working time arrangements affect the gender wage gap among higher education graduates. Work, Employment and Society, 30, 802-820. https://doi.org/10.1177/0950017015624402Externer Link

    Leuze, K., Strauß, S. (2014): Female-typical Subjects and their Effect on Wage Inequalities among Higher Education Graduates in Germany. European Societies, 16/2, 275-298. https://dx.doi.org/10.1080/14616696.2012.748929Externer Link

    Leuze, K., Strauß, S. (2013): Die Bedeutung von typisch „weiblichen“ Studienfächern für Lohnungleichheiten zwischen Akademikerinnen und Akademikern. Career Service Papers 11/2013, 37-54. https://csnd.de/wp-content/uploads/2018/03/csp_11_2013.pdfExterner Link

    Leuze, K., Strauß, S. (2009): Lohnungleichheiten zwischen Akademikerinnen und Akademikern: der Einfluss von fachlicher Spezialisierung, frauendominierten Fächern und beruflicher Segregation. Zeitschrift für Soziologie 38/4, 262-281. https://doi.org/10.1515/zfsoz-2009-0401Externer Link

    Leuze, K., Rusconi, A. (2009): Should I Stay or Should I Go? Gender Differences in Professional Employment. WZB Discussion Paper Nr. SP I 2009-501, Wissenschaftszentrum Berlin, Berlin. https://bibliothek.wzb.eu/pdf/2009/i09-501.pdf

    Leuze, K., Rusconi, A. (2009): Haben Professionen ein Geschlecht? – Öffentliche Perspektiven und private Hindernisse. Forum Wissenschaft 26/4, Dezember 2009, 18-21. https://www.bdwi.de/forum/archiv/themen/fem/3273433.htmlExterner Link

    Meyer, J., Leuze, K., Strauß, S. (2022): Individual performance, occupational interests, or social environment? What causes students to change their subject in German higher education? Research in Higher Education, 63, 222–247. https://link.springer.com/article/10.1007/s11162-021-09650-yExterner Link

  • Prof. Dr. Kathrin Leuze: Individuelle und institutionelle Bedingungen auf geschlechts(un-)typische Berufsaspirationen im Jugendalter

    Aus der Literatur ist es hinlänglich bekannt, dass Frauen und Männer in anderen Berufen arbeiten und dass diese geschlechtstypische „Berufswahl“ mit ungleichen Arbeitsmarkterträgen einhergeht. Allerdings ist bislang immer noch wenig darüber bekannt, warum sich junge Frauen und Männer für unterschiedliche Berufe interessieren und warum sich die geschlechtstypischen Berufsaspirationen zwischen industrialisierten Ländern unterscheiden. Daher untersucht das Projekt in einem ersten Schritt mögliche Einflussfaktoren für die Entwicklung von geschlechts(un-)typischen Berufsaspirationen in Deutschland und fokussiert auf die Bedeutung von Kompetenzen und Noten, das Elternhaus sowie das schulische Umfeld. In einem zweiten Schritt werden diese Analysen auf 30 Länder der EU und der OECD ausgeweitet. Untersucht wird zum einen, inwiefern kulturelle und institutionelle Länderunterschiede die geschlechtsstereotypen Berufserwartungen beeinflussen, und zum anderen, ob sich dadurch auch Länderunterschiede in den Präferenzen für MINT Berufe (Mathematik, Ingenieurswissenschaften, Naturwissenschaften, Technik) erklären lassen.

    Kooperationspartner:innen:
    Dr. Melinda Erdmann, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB),
    Prof. Dr. Marcel Helbig, Leibniz Institut für Bildungsverläufe),
    Dr. Anna Erika Hägglund, INVEST University of Turku, Finnland

    Publikationen:

    Erdmann, M., Marques Hill, A., Helbig, M., Leuze, K. (2023): Do Women’s Empowerment and Self-Expression Values Change Adolescents’ Gendered Occupational Expectations? Longitudinal evidence against the gender-equality paradox from 26 European Countries. Frontiers in Sociology 8/2023, https://doi.org/10.3389/fsoc.2023.1175651Externer Link

    Hägglund, A. E., Leuze, K. (2021): Gender differences in STEM expectations across countries: How perceived labor market structures shape adolescents’ preferences. Journal of Youth Studies, 24, 634-654. https://doi.org/10.1080/13676261.2020.1755029Externer Link

    Leuze, K., Helbig, M. (2015): Why do girls' and boys’ gender-(a)typical occupational aspirations differ across countries? How cultural norms and institutional constraints shape young adolescents’ occupational preferences. WZB Discussion Paper Nr. P 2015-002, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, http://bibliothek.wzb.eu/pdf/2015/p15-002.pdfExterner Link

    Helbig, M., Leuze, K. (2012): „Ich will Feuerwehrmann werden!“ Zur Bedeutung von Kompetenzen, Noten und elterlichen Vorbildern für die Ausprägung geschlechts-(un-)typischer Berufsaspirationen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 64, 91–122. https://doi.org/10.1007/s11577-012-0154-9Externer Link

  • Prof. Dr. Kathrin Leuze: Persönlichkeit oder soziales Umfeld? Welche Einflussfaktoren bedingen ein Verbleiben von jungen Frauen in der „leaky tech pipeline“? (gefördert durch die DFG)

    Das Projekt fokussiert die Erforschung von drei entscheidenden Bildungsübergängen im akademischen und beruflichen Werdegang junger Frauen: 1. die Ausbildung von Aspirationen für einen mathematisch-/naturwissenschaftlichen und/oder ingenieur-/technikwissenschaftlichen Beruf in der Sekundarschule sowie den Übergang in ein entsprechendes Studienfach, 2. die Entscheidung in den ersten Semestern für (oder gegen) einen Studienfachwechsel und den erfolgreichen Abschluss in den o.g. Bereichen sowie 3. den Übergang vom erfolgreichen Studium in einen MINT-Beruf. Die systematische Unterscheidung der Fächergruppen dient der Erklärung von Unterschieden innerhalb des MINT-Bereiches. Zudem werden lediglich Frauen untersucht, um deren Verbleib in der „leaky tech pipeline“ besser nachvollziehen zu können und Variationen innerhalb der Geschlechterkategorie auszumachen. Dazu betrachten wir insbesondere das Zusammenspiel von Persönlichkeit und sozialen Einflussfaktoren. 

    Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
    Projektlaufzeit:
    April 2020 – September 2024
    P
    rojektmitarbeiter: Ralf Minor                                                                                                                                      Kooperationspartnerinnen: Prof Dr. Susanne Strauß, Antje Stefani, Universität Konstanz

    Publikationen:

    Minor, R., Leuze, K., Winkler, E. (2023): Is there a “STEM Personality” in Germany? Linking Personality Traits with STEM Occupational Aspirations in German Secondary Education. International Journal of Gender Science and Technology, 15/3, Special Issue “Gendered Pathways: Identifying Barriers and Building Bridges to STEM Education and Careers”, 264-294, https://genderandset.open.ac.uk/index.php/genderandset/article/view/1454Externer Link

  • Dr. Charlotte Büchner: Entwicklungsaufgaben und geschlechtsspezifische Bildungsungleichheiten (Habilitationsprojekt)

    Das Habilitationsprojekt setzt sich mit differentiellen schulischen Leistungen und Bildungserfolgen von Jungen und Mädchen auseinander. Bisherige Studien zeigen, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der schulischen Bildungsbeteiligung und im Zertifikatserwerb vor allem im höheren Sekundarschulbereich zu finden sind und diese deutlich zugunsten der Mädchen ausfallen. Jungen sind proportional häufiger an Hauptschulen vertreten und verlassen die Schule häufiger ohne einen Abschluss, während Mädchen an Gymnasien überrepräsentiert sind und häufiger die Allgemeine Hochschulreife erlangen als Jungen. Aufbauend auf dem Konzept psychosozialer Entwicklungsaufgaben wird angenommen, dass Mädchen und Jungen zentrale Lebensbereiche im Jugendalter unterschiedlich bewältigen und dies im Zusammenhang mit ihren unterschiedlichen Bildungserfolgen steht. Für die empirische Untersuchung interessiert dabei die Frage, welche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben Bindung, Regeneration und Partizipation bestehen und inwiefern diese zu geschlechtsspezifischen Bildungsungleichheiten zuungunsten von Jungen beitragen. Neben dem Geschlecht wird auch das Bildungsmilieu der Jungen und Mädchen einbezogen, um intersektionale Verknüpfungen zwischen Geschlecht und sozialer Herkunft zu untersuchen. Die empirische Untersuchung basiert auf Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS, Startkohorte 4) sowie einer Primärdatenerhebung von 1.192 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen neun und zehn an deutschen Regelschulen und Gymnasien im Raum Mittelthüringen. Letztere Studie wurde finanziert durch den Lehrstuhl Allgemeine Erziehungswissenschaft und empirische Bildungsforschung der Universität Erfurt.

    Projektlaufzeit: April 2017 – September 2025                                                                                                       Kooperationspartner: Prof. Dr. Florian von Rosenberg, Universität Erfurt

  • Ralf Minor: Leaky Tech Revisited? Conceptualizing, Explaining, and Revising the Concept of Disproportionate Loss of Women in STEM Occupations for the German Case (Dissertationsprojekt)

    In diesem Dissertationsprojekt werden Befunde zu den Berufsverläufen junger Frauen in STEM-Berufen sowie deren Konzeptualisierung im Rahmen der sogenannten „Leaky Tech Pipeline“ für Jugendliche zwischen Sekundarstufe und Studieneintritt zusammengeführt. Dazu werden drei Arbeitspapiere des Projekts „Persönlichkeit oder soziales Umfeld? Welche Einflussfaktoren bedingen den Verbleib junger Frauen in der "Leaky Tech Pipeline"? integriert. In einem ersten Papier wird die methodische Konzeption des „Leaky Tech“-Ansatzes diskutiert und die Konsequenzen etablierter Designvarianten am deutschen Fall veranschaulicht. Das zweite Papier (Minor et al. 2023) widmet sich Einflussfaktoren auf STEM-Aspirationen mit einem Fokus auf Persönlichkeitseigenschaften, um insbesondere die Entwicklung atypischer Aspirationen junger Frauen besser zu verstehen. Das dritte Papier konzentriert sich auf die Erklärung von Lebensverläufen zwischen der Entwicklung von beruflichen Aspirationen auf akademischen Pfaden der Sekundarstufe und dem Übergang in die Hochschule.

    Verbundpartner: Prof. Dr. Matthias-Wolfgang Stoetzer, Ernst-Abbe-Hochschule Jena

    Laufzeit: April 2020 - September 2024

    Publikationen:

    Minor, R., Leuze, K., Winkler, E. (2023): Is there a “STEM Personality” in Germany? Linking Personality Traits with STEM Occupational Aspirations in German Secondary Education. International Journal of Gender Science and Technology, 15/3, Special Issue “Gendered Pathways: Identifying Barriers and Building Bridges to STEM Education and Careers”, 264-294, https://genderandset.open.ac.uk/index.php/genderandset/article/view/1454Externer Link

Forschungsprojekte zu Ungleichheit, Klassen- und Eigentumsverhältnisse

  • Prof. Dr. Kathrin Leuze: Evaluation der Folgen von Studienstrukturreform und Hochschulexpansion für die Arbeitsmarkterträge von Hochschulabsolventinnen und -absolventen (gefördert durch das Leibniz Center for Science and Society, Universität Hannover)

    Hochschulreformen wie z.B. die Einführung der gestuften Studienabschlüsse im Rahmen des Bologna-Prozesses, aber auch die Expansion der Hochschulbildung mit den steigenden Studierendenzahlen beeinflussen die Quantität und Qualität des Arbeitsangebots, das in den Arbeitsmarkt eintritt. Ziel des Projekts ist eine Evaluation der Auswirkungen der Einführung der gestuften Studienstruktur auf die Arbeitsmarkterträge von Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit unterschiedlichen Hochschulabschlüssen (traditionelle Abschlüsse, Bachelor und Master). Konkret verfolgt das interdisziplinäre Forschungsprojekt zwei übergreifende Forschungsfragen: 1. Wie und warum haben sich die Arbeitsmarkterträge von Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit unterschiedlichen Abschlüssen (traditionell, Bachelor, Master) über die letzten Jahrzehnte verändert? (Soziologie) 2. Können diese Veränderungen kausal auf die Einführung der gestuften Studienstruktur (BA und MA) oder die generelle Expansion des Hochschulsystems zurückgeführt werden? (Ökonomie). Damit möchte das Projekt die Auswirkungen der Veränderungen des Hochschulsystems durch Bildungsexpansion und Bologna-Prozess auf moderne Gegenwartsgesellschaften untersuchen, hier vor allem mit Blick auf den Arbeitsmarkt von Hochqualifizierten.

    Förderung: Brückenprojekt des Leibniz Center for Science and Society (LCSS), Universität Hannover
    Projektlaufzeit: April 2019 – März 2021
    Kooperationspartner*innen: Prof. Dr. Stephan L. Thomsen, Dr. Martina Kroher, Johannes Trunzer, Leibniz Universität Hannover, Dr. Markus Lörz, Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformationen

    Publikationen:

    Kelsch, M., Zink, C., Leuze, K. (2024): Humankapital, Tätigkeitsinhalte und/oder Selektivität? Ursachen studienfachspezifischer Lohnunterschiede unter Hochschulabsolvent*innen: In: Maiwald, A., Matthies, A., Mitterle, A., Schubert, C. (Hrsg.): Akademisierung – Professionalisierung. Zum Zusammenhang von Hochschulbildung, akademischem Wissen und den Veränderungen in der Arbeitswelt. Wiesbaden: Springer VS. https://link.springer.com/book/9783658435677Externer Link

    Kroher, M., Leuze, K. (2024): Degree differentiation and changing career outcomes of higher education graduates in Germany: A matter of specialisation, extracurricular activities or labour market segmentation? Special Edition 26 der Zeitschrift Soziale Welt: Groß, C., Jaksztat, S (Hrsg): “Career Paths Inside and Outside Academia”, 20-54, https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748925590/career-paths-inside-and-outside-academia?page=1Externer Link

    Kroher, M., Leuze, K., Thomsen, S.L., Trunzer, J.: Did the „Bologna Process“ Achieve its Goals? 20 Years of Empirical Evidence on Student Enrolment, Study Success and Labour Market Outcomes. IZA Discussion Paper Series, DP No. 14757, https://ftp.iza.org/dp14757.pdfExterner Link

    Leuze, K., Lörz, M. (2019): Bildungsverläufe im Hochschulbereich. In: Köller, O.; Hasselhorn, M.; Hesse, F.; Maaz, K.; Schrader, J.; Solga, H.; Spieß, K.C.; Zimmer, K. (Hrsg.): Das Bildungswesen in Deutschland. Bestand und Potenziale. Bad Heilbrunn: UTB Verlag Julius Klinkhardt, 629-662. https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838547855Externer Link

    Lörz, M., Leuze, K. (2019): Der Masterabschluss als neues Distinktionsmerkmal? Zu Bedeutung der Studienstrukturreform für herkunftsspezifischer Einkommensunterschiede. In: Lörz, M.; Quast, H. (Hrsg.): Bildungs- und Berufsverläufe mit Bachelor und Master. Determinanten, Herausforderungen und Konsequenzen. Wiesbaden: Springer VS, 341-370. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22394-6Externer Link

  • Björn Leitzen: Bedingungen und Konsequenzen herkunftsspezifischer Studienfachwahl (Dissertationsprojekt, ehemals gefördert durch das Leibniz Center for Science and Society, LCSS)

    Das Dissertationsprojekt widmet sich der Frage, warum Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft unterschiedliche Studienfächer wählen und welche Konsequenzen sich daraus für den Studienverlauf und den Zugang zur Promotion ergeben. So wird erstens gezeigt, welche herkunftsspezifischen Ungleichheiten bei der Studienfachwahl bestehen und wodurch sich diese erklären lassen. Zweitens wird die Frage bearbeitet, welche Konsequenzen die herkunftsspezifische Studienfachwahl für den weiteren Studienerfolg von Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft hat. Drittens wird der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen die herkunftsspezifische Studienfachwahl für herkunftsspezifischen Ungleichheiten beim Zugang zur Promotion besitzt. Durch die Betrachtung von Ursachen und Konsequenzen des Phänomens an unterschiedlichen Zeitpunkten – vor Studienbeginn, im Studienverlauf und nach Studienabschluss - entsteht ein umfassendes Bild der empirisch vielfach bestätigten aber bisher noch nicht hinreichend erforschten herkunftsspezifischen Disparitäten bei der Studienfachwahl. Dabei liegt der Fokus stets auf der weitreichenden Bedeutung herkunftsspezifischer Studienfachwahl für die Reproduktion von sozialer Ungleichheit.

    Projektlaufzeit am LCSS: Oktober 2018 - März 2021                                                                                          Das Projekt ist seit April 2021 ausschließlich am Arbeitsbereich Methoden der empirischen Sozialforschung und Sozialstrukturanalyse angesiedelt.                                                                                                    Kooperationspartner: Dr. Markus Lörz, Leibniz-Institut für Bildungsforschung und BildungsinformationExterner Link

    Das Dissertationsprojekt wurde zum Teil im Rahmen des Brückenprojekts Studienfachwahl: Determinanten, Prozesse und soziale Reproduktion am Leibniz Center for Science and Society (LCSS)Externer Link bearbeitet.

  • Prof. Dr. Kathrin Leuze: Eigentumsungleichheit im Privaten. Zur institutionellen und kulturellen (Re-)Strukturierung von Eigentumsarrangements in Paarhaushalten (Teilprojekt B06 des SFB TRR 294 „Strukturwandel des Eigentums“, gefördert durch die DFG)

    Das Forschungsprojekt zielt darauf ab, den Strukturwandel von Eigentum in Paarhaushalten zu analysieren und dessen Auswirkungen auf die innerpartnerschaftliche Arbeitsteilung sowie die Geschlechterverhältnisse herauszuarbeiten. Dabei wird sowohl die Verteilung des Eigentums zwischen den Partner*innen untersucht als auch herausgearbeitet, welche Praktiken und Deutungsmuster diese etablieren, um Verfügung über Eigentum zu ermöglichen oder zu beschränken. Das Ergebnis eines solchen doing property ist ein paarspezifisches Eigentumsarrangement, das die hegemoniale Eigentums- und Geschlechterordnung reproduziert und möglicherweise transformiert.

    Empirisch wird der Strukturwandel von Eigentumsarrangements im Privaten mit Hilfe eines Mixed-Methods-Designs untersucht. Zunächst wird qualitativ und explorativ rekonstruiert, welche unterschiedlichen Typen von Eigentumsarrangements sich als Folge des doing property in Paarhaushalten in Ost- und Westdeutschland gegenwärtig zeigen. Es wird ebenfalls untersucht, wie unterschiedliche Praktiken des Verfügens mit der Verteilung des individuellen Privateigentums zwischen den Partner*innen zusammenhängen und ob sie sich systematisch zwischen Ost- und Westdeutschland unterscheiden. Der Vergleich von Paaren unterschiedlicher Alterskohorten gibt Aufschluss, ob und in welchem Umfang eine Angleichung der Eigentumsarrangements in Paarhaushalten zwischen Ost und West stattgefunden hat. Schließlich werden die Konsequenzen unterschiedlicher Praktiken des Verfügens über Eigentum mit Blick auf die innerpartnerschaftliche Arbeitsteilung analysiert.

    Die Analysen stützen sich auf umfangreiche Daten aus über 50 qualitativen Paarinterviews sowie dyadische quantitative Daten von mehr als 9.000 Paaren, die aus dem Sozio-Ökonomischen Panel stammen. Die Kombination dieser verschiedenen Datensätze im Mixed-Methods-Design ermöglicht eine umfassende Betrachtung sowohl aus mikro- als auch aus makrosoziologischer Perspektive. Durch diese Herangehensweise werden nicht nur theoretische Weiterentwicklungen unterstützt, sondern auch praktische Implikationen für eine potenzielle Egalisierung der Geschlechterverhältnisse aufgezeigt.

    Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

    Projektlaufzeit: April 2021 – Dezember 2024 (1. Förderphase)

    Mitarbeiter/innen: Dr. Agnieszka Althaber, Dr. Robin K. Saalfeld

    Kooperationspartnerinnen: Dr. Nicole Kapelle, Humboldt Universität zu Berlin; Dr. Tatjana Fenicia, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

    Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier: https://sfb294-eigentum.de/de/teilprojekte/eigentumsungleichheit-im-privaten/Externer Link

    Publikationen:

    Althaber, A., Leuze, K., & Künzel, R. (2023). Financial Solidarity or Autonomy? How Gendered Wealth and Income Inequalities Influence Couples’ Money Management. Social Inclusion, 11(1), 187–199. https://doi.org/10.17645/si.v11i1.6005Externer Link

    Peters, Florian; Rinne, Jonathan; Saalfeld, Robin K.; Schmalz, Stefan; Stuart, Amelie; Weth, Lydia von der (2024): Eigentumskonflikte - eine Typologie. Hg. v. Sonderforschungsbereich/Transregio 294 „Strukturwandel des Eigentums“ (Working Paper Nr. 5). https://sfb294-eigentum.de/media/filer_public/f9/08/f908691c-7aaa-424c-831b-71e7818ee46b/wp_05_fin.pdfExterner Link

    Saalfeld, R. K., & Mann, L. (2024) 'Und dann ging alles seinen sozialistischen Gang'. Paarbildung, Paarwelten und Umgang mit Eigentum in Ostdeutschland. In A. Kasten (Hrsg.), Feministische Postsozialismusforschung. Eine Spurensuche. Weinheim: Beltz Juventa. 

    Saalfeld, R. K., & Scholz, S. (2023). Wer das Geld hat, hat die Macht? Verhandlungen von Property Gaps in Paarwelten. In P. I. Villa Braslavsky (Hrsg.), Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bielefeld 2022, https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1569/1751.

    Scholz, S. (2022). Familiale Care-Arbeit - eine Angelegenheit der Frauen? Gemeinsamkeiten und Unterschiede im deutschen Ost-West-Vergleich. Bürger & Staat (3), 99–106.

Methodenevaluation

  • Dr. Mariana Nold: Methodenberatung und statistische Fachsprache in Lehre und Forschung

    Ich arbeite in Lehre, Methodenberatung und Forschung daran, Möglichkeiten und Grenzen statistischer Modellierung zu konkretisieren. Mit Blick auf die Lehre wurde kritisiert, dass oft eine falsche Vorstellung des statistischen Modells und damit der statistischen Argumentation vermittelt wird. In der Ausbildung der Studierenden steht daher die Vermittlung eines richtigen Verständnisses des statistischen Modellierens im Fokus. Des Weiteren arbeite ich an einem Projekt der STRATOS-Initiative. Die STRATOS-Initiative entwickelt Leitfäden für Beobachtungsstudien (www.stratos-initiative.org). Die Leitfäden werden auf verschiedenen statistischen Anspruchsebenen erstellt um eine sachrichtige Verwendung statistischer Methoden zu unterstützen. Im STRATOS-Projekt „Contrasting Bayesian with frequentist model building“ beschäftigen wir uns mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten der statistischen Modellbildung aus Bayesianischer und frequentistischer Perspektive. Konkret reproduzieren wir Analysepläne beruhend auf dem jeweils anderen statistischen Paradigma um zu sehen, welche Unterschiede sich in der inhaltlichen Interpretation ergeben. In der Forschung arbeite ich außerdem an der Anwendung Bayesianischer Modelle in den Sozialwissenschaften, insbesondere zur Erfassung von Ungleichheiten. In einer aktuellen Arbeit entwickeln wir ein Beispiel um mögliche Ungleichheiten in der Lesekompetenz in Bezug auf das erhobene Geschlecht und den sozioökonomischen Hintergrund zu untersuchen.

    Link: [2402.19046] On the Improvement of Predictive Modeling Using Bayesian Stacking and Posterior Predictive Checking (arxiv.org)Externer Link

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