Søren Mau: Stummer Zwang. Eine marxistische Analyse der ökonomischen Macht im Kapitalis-mus, Berlin: Dietz 2021 (29,90 Euro).
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„Brechen, pulverisieren, spalten und zerteilen, um dann wieder einzusammeln, zu verbinden, zusammenzusetzen und neu zu konfigurieren“ (S.318), so beschreibt Søren Mau den Modus Operandi des Kapitals, sich in die gesellschaftliche Reproduktion einzuweben. Durch welche (Vermittlungs-) Formen der Macht und Herrschaft dies geschieht, darauf wird in seinem unlängst in deutscher Übersetzung erschienenen Buch umfangreich Antwort gegeben. Oder es werden zumindest Fährten gelegt, wie sich der oft ins Spiel, aber selten auf den Punkt gebrachte „Stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse“ (Marx) erklärt werden kann. Die Stärke des Buches liegt vor allem darin, dass der Autor nüchtern und in präziser Sprache auf verschiedene Theorien, Positionen und zum Teil Jahrzehnte andauernde Debatten innerhalb marxistischer Theorieproduktion eingeht, diese gegeneinander abwägt, in aller Kürze auseinandernimmt, neu beurteilt, um darüber letztendlich zu seiner Theorie der ökonomischen Macht im Kapitalismus zu gelangen. Einer Macht, die sich durch ihre Unpersönlichkeit auszeichnet und die Subjekte indirekt anspricht, indem sie auf ihre Umwelt einwirkt und die Fähigkeit besitzt, „die materiellen Bedingungen der gesellschaftlichen Reproduktion umzugestalten“ (S.17). Was aber nicht heißt, dass direkte Gewalt und Ideologien ihre Wirkmächtigkeit im Gegenwartskapitalismus verloren haben.
Was das Buch so empfehlenswert macht ist, dass man sich ohne große Vorkenntnisse und bisherige Teilnahme an marxologischen Debatten ein eigenes Bild über die wesentlichen Begriffe und Inhalte marxistischer Theoriebildung machen kann und die umfangreiche Literatur eine Unmenge an Möglichkeiten bietet, tiefer und aus unterschiedlichen Blickwinkeln in die verschiedenen Positionen um Macht und Herrschaft einzusteigen, ohne dass sich ständig um sich selbst gedreht wird. Das ist erfrischend angenehm. (Philipp Lorig)