Dorothy Allison: Trash. Stories. New York: Penguin Books 2018 (12, 50 Euro)
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Dorothy Allison scheint auf den ersten Blick eine typisch links-feministische Akademikerin aus den USA zu sein: Sie studierte Anthropologie u.a. an der New School, war während der zweiten Frauenbewegung in einem politischen Kollektiv engagiert, gehört zu den Gründerinnen der Organisation Lesbian Sex Mafia und lebt mit ihrer Partnerin und Adoptivkind in Kalifornien. So weit, so gut. Allison ist aber auch das, was man in den USA abwertend als „White Trash“ bezeichnet. Sie kommt aus der Provinz South Carolinas, ist als uneheliches Kind einer „Teenage Mom“ und Kellnerin ohne Schulabschluss, mit einem prügelnden Stiefvater und als lesbische Frau in einem homophoben Armutsmilieu aufgewachsen, das man im Sprech der Sozialen Arbeit als „dysfunktional“ und „deviant“ bezeichnen würde. Im Vorwort von „Trash“, einer 2018 bei Penguin Books erschienenen Sammlung von Kurzgeschichten bemerkt Allison: „We were the bad poor. We were men who drank and couldn’t keep a job; women, invariably pregnant before marriage, who quickly became worn, fat, and old from working too many hours and bearing too many children; and children with runny noses, watery eyes, and the wrong attitudes.” Allisons Prosa ist eine Stimme des „Trash”, eine kämpferisch-advokatorische Stimme und eine Stimme der Scham, der Ausgrenzung und unbändigen Wut, die keinen Wert auf bürgerliche Euphemismen legt. Ihre soziologische Beobachtungsgabe und beinahe zärtliche Sensibilität, wenn sie über ihre grausame Großmutter, den Gospelchor, ihre vom Kellnern ausgelaugte Mutter und ihre als hässlich geltende Albino-Freundin Shannon schreibt, sind mitreißend. Als Leser*in fühlt man sich unweigerlich wie ein/e Komplize*in im Kampf gegen den Alltags-Klassismus, wenn Allison schreibt: „‘Someday‘, Shannon whispered. ‘Yeah,’ I whispered back. We knew exactly what we meant.” (Tine Haubner)