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Individualisierte Musik
Unter individualisierter Musik werden Musikstücke verstanden, die persönlich bedeutsam sind, wichtiger Bestandteil der Biographie und des Lebens der Person vor ihrer Erkrankung waren und mit positiven Erfahrungen und Gefühlen verbunden sind. Die Lieblingsmusik wird dabei als Playlist auf einem Mp3-Player zusammengestellt und über Kopfhörer gehört.
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Pilotstudie
Von Mai bis September 2016 führten wir in Kooperation mit dem Sophienhaus Weimar eine Pilotstudie durch und konnten bereits erste Erfahrungen in der Durchführung einer individualisierten Musikintervention für Menschen mit Demenz im institutionellen Pflegesetting sammeln. 20 Bewohner mit einer Demenzerkrankung wurden in die randomisiert-kontrollierte Studie eingeschlossen (Alter: M=85 Jahre, 80% weiblich, unterschiedliche Demenzschweregrade: 10% leichte Demenz, 70% mittschwere Demenz, 20% schwere Demenz). Die Teilnehmer erhielten über einen Zeitraum von 4 Wochen (jeweils nachmittags für 30 Minuten, 2 Mal pro Woche) die individualisierte Musik.
Die Musikintervention konnte erfolgreich im institutionellen Pflegesetting umgesetzt werden. Bei jedem Studienteilnehmer wurden einmal pro Woche Verhaltensbeobachtungen unmittelbar vor, während und nach dem Musikhören vom Projektteam und MitarbeiterInnen des Sophienhauses durchgeführt, wobei eine exzellente Beobachterübereinstimmung erzielt werden konnte. Die Ergebnisse der Verhaltensbeobachtung zeigten, dass die Teilnehmer direkt nach dem Musikhören im Vergleich zu vorher signifikant mehr Freude, weniger Anspannung und Traurigkeit sowie marginal signifikant mehr Entspannung aufwiesen. Zu den häufigsten beobachteten Reaktionen zählten Wachheit, Ausdruck von Freude z.B. durch Lächeln, Entspannung und direkte positive Reaktionen auf das Musikhören, die sich beispielsweise in einer freudvollen Aktivierung wie Bewegungen, Tanzen, Summen, Mitsingen oder sprachlichen Mitteilungen über die Freude des Musikhörens zeigten.
Nach der Musikintervention im Vergleich zu vorher zeigten die Teilnehmer der Interventionsgruppe verglichen mit den Teilnehmern der Kontrollgruppe eine signifikant höhere Schlafqualität, eine marginal signifikante Verbesserung der sozialen Beteiligung sowie eine marginal signifikante Reduktion von Agitiertheit, jeweils eingeschätzt durch das Pflegepersonal.
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Ziel der aktuellen Studie
Das Ziel der aktuellen Studie ist die Untersuchung der Wirksamkeit, Anwendbarkeit und Akzeptanz der individualisierten Musikintervention für Menschen mit Demenz im institutionellen Pflegesetting. Es soll eine Verbesserung der Lebensqualität, des Wohlbefindens, der sozialen Partizipation sowie eine Verringerung von Problemverhalten von Menschen mit Demenz in institutioneller Pflege durch das regelmäßige Hören von individualisierter Musik erreicht werden.
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Durchführung
Die Durchführung der Musikintervention findet nacheinander in vier bis fünf ausgewählten Pflegeheimen in Thüringen statt. Zu diesen Pflegeheimen zählen folgende Einrichtungen:
- Seniorenpflegeheim Sophienhaus in Weimar
- Seniorenzentrum Andreashof in Erfurt
- Pflegeheim Friedrich-Zimmer-Haus in Weimar
- Seniorenpflegeheim Martin-Luther-Haus in Erfurt
Es handelt sich um eine randomisierte-kontrollierte Studie mit einer Interventions- und Kontrollgruppe in einem Prä-Post-Follow-up-Design.
Interventionsgruppe:
- hört über einen Zeitraum von 6 Wochen jeden zweiten Tag (3-4 Mal/Woche) jeweils 20 Minuten individuelle Musikplaylisten mithilfe eines Mp3-Players über Kopfhörer
- erhält weiterhin Standardpflege
- jede zweite Woche wird für jeweils 60 Minuten eine Verhaltensbeobachtung durchgeführt
Kontrollgruppe:
- erhält die Standardpflege
- jede zweite Woche wird über den 6-wöchigen Interventionszeitraum für jeweils 60 Minuten eine Verhaltensbeobachtung durchgeführt
Sechs Wochen vor Interventionsbeginn (T0) wird bei den Teilnehmenden in den Pflegeheimen eine Demenzdiagnostik durchgeführt, um den Schweregrad der Demenzerkrankung zu bestimmen. Zu diesem Zeitpunkt werden ebenfalls die ersten Fremdeinschätzungen durch das Pflegepersonal erhoben. Es werden u.a. Fragebögen zum Wohlbefinden, zur sozialen Beteiligung und zum Problemverhalten verwendet. Zwischen dieser Erst-Befragung (T0) und dem Interventionsbeginn (T1) findet die randomisierte Zuteilung der teilnehmenden Menschen mit Demenz in die Interventions- und die Kontrollgruppe statt. Für die Interventionsgruppe wird daraufhin gemeinsam mit den Menschen mit Demenz (falls möglich), ihren Angehörigen und den MitarbeiterInnen der Pflegeheime eine individuelle Playlist der präferierten Musik erstellt. Die Dauer der Musikintervention zwischen den Zeitpunkten T1 und T2 ist auf 6 Wochen festgelegt. In dieser Zeit finden sowohl für die Interventions- als auch die Kontrollgruppe jede zweite Woche Verhaltensbeobachtungen durch ProjektmitarbeiterInnen statt. Weitere Befragungen des Pflegepersonals zur Evaluation der Musikintervention finden vor Beginn der Intervention (T1), nach Ende der Intervention (T2) und als Follow-up Messung 6 Wochen nach Interventionsabschluss (T3) statt. Zu dem Messzeitpunkt T3 werden zusätzlich Einschätzungen des Pflegepersonals hinsichtlich der Anwendbarkeit, Akzeptanz und Wirksamkeit der Musikintervention erhoben.
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Musikintervention
Die Interventionsgruppe hört über einen Zeitraum von 6 Wochen regelmäßig, d.h. jeden zweiten Tag, jeweils 20 Minuten ihre persönlich bedeutsame, präferierte Musik mithilfe eines Mp3-Players über Kopfhörer. Die Musikintervention soll nach Möglichkeit regelmäßig zu einer bestimmten Tageszeit erfolgen, um eine ritualisierte Anwendung zu fördern. Begleitet werden die Menschen mit Demenz während der Musikintervention von MitarbeiterInnen der jeweiligen Pflegeeinrichtung (Pflegepersonal, sozialer Dienst, Ehrenamtliche) sowie von wissenschaftlichen MitarbeiterInnen oder studentischen/wissenschaftlichen Hilfskräften des Projektteams.
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Verhaltensbeobachtung
Während des sechswöchigen Interventionszeitraums werden bei allen Teilnehmern der Interventions- und Kontrollgruppe jede zweite Woche für jeweils 60 Minuten Verhaltensbeobachtungen von MitarbeiterInnen des Projektteams durchgeführt (insgesamt 3 Mal pro Person). Bei den Teilnehmenden der Interventionsgruppe findet diese direkt vor, während und nach der Musikintervention statt. Zielgrößen der Verhaltensbeobachtung sind emotionale und motorische Veränderungen sowie Aktivierung hinsichtlich sozialer Teilhabe. Zudem wird das Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten sowie etwaigen negativen Reaktionen erfasst.
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Stichprobe
Insgesamt werden etwa 130 Menschen mit Demenz mit unterschiedlichen Schweregraden aus institutionellen Pflegeheimen in Thüringen in die Studie eingeschlossen. Bei allen Teilnehmenden wird 6 Wochen vor Beginn der Intervention mithilfe des Mini-Mental Status Tests einmalig der Schweregrad der Demenz bestimmt.
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Innovation und Nachhaltigkeit der Maßnahme
Die randomisiert-kontrollierte Studie kann durch die angestrebte umfangreiche Stichprobe, welche in dieser Form in Deutschland bislang einmalig ist, Erkenntnisse über die Anwendbarkeit, Wirksamkeit und Akzeptanz von individualisierter Musik für Menschen mit Demenz in der institutionellen Pflege mit hoher methodischer Qualität liefern und damit einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag in diesem Forschungsgebiet leisten. Die Ergebnisse dieser Studie liefern darüber hinaus bedeutsame praxisrelevante Erkenntnisse. So könnte die Musikintervention bei positiver Evaluation als eine innovative, kostengünstige Alternative zur pharmakologischen Behandlung genutzt werden und das Wohlbefinden sowie die Lebensqualität von Menschen mit Demenz in institutionellen Pflegeeinrichtungen verbessern. Perspektivisch könnte die Musikintervention in Seniorenpflegeheimen bundesweit sowie auch in anderen Settingbedingungen wie der häuslichen Pflege eingesetzt werden.
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Quellen
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