Institutspreise Abschlussarbeiten
Meldung vom: | Verfasser/in: Erik Hirsch
Auch in diesem Wintersemester hat das Institut herausragende Abschlussarbeiten, die an den verschiedenen Arbeitsbereichen in der Zeit zwischen Oktober 2023 und September 2024 abgeschlossen wurden, prämieren können. Wir gratulieren allen Preisträger*innen und freuen uns, diese hier kurz mit ihren Arbeiten vorstellen zu können.
Johanna Barthel
Foto: PrivatMasterarbeit zum Thema: „Vermögensbildung von Anlegerinnen auf dem Finanzmarkt – eine qualitative Betrachtung vergeschlechtlichter Deutungen und Praktiken zur Investition in aktienbasierten Anlagen“
Mit Blick auf die wachsende Bedeutung der Finanzmärkte für die Alterssicherung sowie den Gender-Pension-Gap ist festzustellen, dass jüngere Frauen zunehmend aufgefordert werden, sich eigenverantwortlich um ihre finanzielle Sicherheit (im Alter) zu kümmern. Die Arbeit beschäftigt sich daher mit der Frage, wie Frauen in Deutschland, die in finanzmarkt-basierte Produkte investieren, ihre Position als Anlegerin subjektiv aushandeln. Dafür greift die Arbeit Theorien auf, die individuelle Rationalitäten finanziellen Handelns auch jenseits des Homo oeconomicus erfassen sollen. Darüber hinaus wird das Verhältnis von Geschlecht und Finanzialisierung beleuchtet. Durch die Auswertung qualitativer Interviews mit Anlegerinnen werden gemeinsame Deutungsmuster herausgearbeitet: Es besteht eine Angst vor Altersarmut und mangelndes Vertrauen in die gesetzliche Altersvorsorge. Die Geldanlage ist somit eine Antwort auf diese Unsicherheiten, jedoch geht damit eine Aushandlung moralischer Konflikte in Bezug auf das Investieren auf dem (als männlich wahrgenommenen) Finanzmarkt einher. Zudem wird das eigenständige Investieren als neuer Teil der Sorgearbeit im Zusammenhang mit Mutterschaft angesehen. [JB]
Josephine Garitz
Foto: PrivatMasterarbeit zum Thema "Auswirkungen der Wendeerfahrung auf die politische Sozialisation SED-naher Akteure. Qualitative Untersuchung aktualisierter Umbruchserfahrungen in biografischen Erzählungen"
Die Masterarbeit nähert sich qualitativ der Frage an, inwiefern die Umbruchserfahrung bei staatstreuen Akteuren in biographischen Erzählungen präsent ist. Die Arbeit macht damit einen ersten Schritt, um eine Forschungslücke zu schließen, die hinsichtlich der aktiv an der Aufrechterhaltung des Systems DDR mitwirkenden Personen besteht. Aus der Art und Weise, wie diese zum einen an weit verbreitete Narrative zum Umbruch anknüpfen und gleichzeitig sich belastende und kritische Perspektive auf die DDR ausblenden, lässt sich einiges über die Bedeutung aktualisierter Umbruchserfahrungen für heutiges politisches Wirken lernen. Außerdem möchte die Arbeit zu einer differenzierten und vielschichtigen Aufarbeitung der DDR-Geschichte beitragen und diese auch in Hinblick auf ihre politischen Folgen im Hier und Jetzt reflektieren. [JG]
Sabrina Stangl
Foto: PrivatMasterarbeit zum Thema „Organisationen als Motor der Mobilitätswende? Eine Betrachtung am Beispiel der Universität Jena“
Die Masterarbeit untersucht die Potenziale für nachhaltigere Pendelpraktiken, wobei auf die Rolle von Organisationen fokussiert wurde, die in der bisherigen Forschung zur Konstitution und Veränderung von Mobilitätspraktiken vernachlässigt wurde. Die empirische Basis stellte die Mobilitätsumfrage 2022 unter den Universitätsangehörigen dar. In einem Mixed-Methods-Design wurden die quantitativen Daten durch Erkenntnisse aus den offenen Antworten ergänzt und erweitert. Dies führte zu einem umfassenden Bild, wie und warum Beschäftigte und Studierende bestimmte Verkehrsmittel für den Weg zur Universität nutzen. Die Ergebnisse bestätigen, dass Zeit- und Kostenvorteile relevant sind, beleuchten jedoch auch enge Verschränkungen der Pendelpraktik mit anderen Faktoren wie Sorgearbeit. Auch wenn die außeruniversitäre Infrastruktur entscheidender ist, so müssen auch an der Universität Bedingungen geschaffen werden, um den Umstieg zu unterstützen. Besonders vielversprechend sind hier flexiblere Arbeitszeiten und Optionen zum mobilen Arbeiten sowie mehr, überdachte und sichere Fahrradstellplätze. [SS]
Ellen_WInkler
Foto: Privat
Ellen Winkler
Masterarbeit zum Thema „Sozialisation, Leistung oder Psychologie – eine Analyse der atypischen Aspiration. Determinanten der atypischen Berufsaspirationen männlicher Jugendlicher am Ende der Sekundarstufe I“
Die Masterarbeit untersucht, welche Faktoren die Aspiration eines geschlechtsatypischen Berufs von männlichen Jugendlichen am Ende der Sekundarstufe I beeinflussen. Es werden verschiedene theoretische Ansätze zur Ableitung von Hypothesen, die Faktoren auf drei Ebenen berücksichtigt: sozialisatorisch, leistungsbezogen und psychologisch. Die Hypothesen werden anhand von Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (ca. 4000 Jugendliche, Jahrgangsstufe 10, 2012) überprüft. Mittels multinomialer logistischer Regression wird analysiert, welche Faktoren mit der Aspiration der männlichen Jugendlichen für Berufe mit einem Frauenanteil von mind. 70% zusammenhängen.
Über ein Drittel der Jugendlichen aspiriert einen männerdominierten und nur etwas mehr als 5% einen frauendominierten Beruf. Sozialisatorische Aspekte erweisen sich dabei kaum als relevante Einflussfaktoren. Leistungsbezogene Faktoren sind hingegen etwas bedeutsamer: Eine höhere Mathematikkompetenz senkt die Wahrscheinlichkeit einer atypischen Aspiration, ein Praktikum in einem weiblich konnotierten Beruf erhöht sie. Die deutlichsten Effekte finden sich auf der psychologischen Ebene. Die Aspiration eines atypischen Berufs wird für männliche Jugendliche wahrscheinlicher, wenn sie stärker sozial und weniger praktisch-technisch interessiert sind, ökonomischen Aspekten bzgl. der Berufswahl weniger Bedeutung beimessen und ein geringeres Selbstwertgefühl aufweisen. Die Resultate der Masterarbeit zeigen demnach, dass die männliche Berufsaspiration stark an traditionellen Pfaden orientiert ist und eine Abweichung nur unter der Bedingung anderer normabweichender Gegebenheiten wahrscheinlich wird. [EW]